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Montag, 16. Juli 2012

Es war einmal eine kleine schwarze Fliege

Es war einmal eine kleine schwarze Fliege. Sie hatte wie jede Fliege einen etwas haarigen Körper und große Augen, außerdem Flügel und kleine Beinchen. Sie wurde in einem Blumentopf geboren und hatte nur wenig Kontakt zu ihrer Familie. Der Blumentopf stand in einer Wohnung mit vielen Räumen. Sie war mal hier, mal da, je nach dem in welchem Raum etwas los war. Sie war immer dabei, verpasste nichts. Gesellige Runden liebte sie und genoss es, Teil davon zu sein. Manchmal bekam sie sogar richtig viel Aufmerksamkeit und war im Zentrum des Geschehens. Tage wie diese waren für sie aber gar nicht so erflüllend wie man das meinen könnte. Oft war sie sich nicht sicher, ob sie die Art von Aufmerksamkeit überhaupt wollte, es war meistens auf ihre Kosten, aber da sie anders nicht bemerkt wurde machte sie lieber mit und ließ mit sich fangen oder ähnliches spielen.
Ihre Welt war groß, in der Wohnung konnte sie an so viele verschiedene Orte fliege, so viele Ecken entdecken. Dennoch zog es sie aber immer wieder ans Fenster, immer wieder schaute sie nach, ob es nicht doch noch einen Weg gäbe, die restliche Welt zu entdecken, vielleicht Freunde zu finden?
Auch damals saß sie wieder am Fenster und fragte sich wer sie sei und was der Sinn ihres Lebens wäre, was sie hier eigentlich macht und ob sie schön sei oder nicht? Ob die anderen sie mochten und ob sie etwas verpasste? Sie mochte sich nicht, fand sich selbst abstoßend und wollte lieber jemand anders sein. Gedankenverloren und traurig saß sie da und beobachtete den Wind in den Bäumen. Wer ist sie schon, so eine kleine schwarze Fliege? Plötzlich hörte sie eine leise Stimme sagen: "Was ist? Hallooo! Was ist?" Sie blickte sich verdutzt um konnte aber niemanden sehen. Die Stimme ließ nicht locker und frage erneut was denn sei. Sie antwortete in die Stille des Raums der unbekannten Stimme zu: "Was soll schon sein? Ich fühle mich einfach schrecklich, ungeliebt, nichtsnutzig und will woanders hin, weit weg in die Welt, so wie die anderen Fliegen!" Ein kleiner brauner Käfer krabbelte vom braunen Holzrahmen auf die Fensterscheibe und sagte empört: "Ach, was sind denn das für Gedanken! Jeder ist was er ist und wenn er nicht wegkann muss er es sich eben hier gemütlich machen. Entspann dich Fliege!" Mit diesen Worten krabbelte er weiter und pfiff dabei ein Frühlingslied. Nachdenklich blieb die einsame Fliege zurück, kratzte sich am Kopf und beschloss, glücklich zu sein.

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